Als älteste Boulevardzeitungen Deutschlands hat die Hamburger Morgenpost die Medienlandschaft geprägt – mal laut, mal leise, doch stets mit unverkennbarem Charakter. Sie begleitete Hamburg in guten wie in schlechten Zeiten, vom Wiederaufbau nach dem zweiten Weltkrieg bis hin zur Widervereinigung und bis ins digitale Zeitalter. Und zwischen all den Geschichten, über welche die MOPO in den letzten Jahrzehnten berichtet hat, gab es auch in den eigenen Redaktionsräumen viele Momente auf Schlagzeilen-Niveau, die bisher nicht in der Öffentlichkeit besprochen wurden. Anlässlich des 75. Geburtstages der Zeitung hat Carsten Gensing, ehemaliger MOPO-Redakteur, ein Buch geschrieben, in dem erstmalig über all das ungefiltert erzählt wird.
Sternstunden, Wahnsinn, Selbstausbeutung
„Morgen wird nicht gedruckt. Papier ist alle.“ ist weit mehr als eine Aneinanderreihung von Anekdoten. Das Buch gewährt intime Einblicke in die Mechanik einer Redaktion, die stets am Puls der Zeit operierte. Es wird berichtet von journalistischen Meisterleistungen, wie dem Aufdecken eines der größten Medizinskandale der Nachkriegszeit – ausgelöst durch eine unscheinbare Kleinanzeige, oder von den Momenten, in denen Reporter über ihre Grenzen hinausgingen, wie jener Fotoreporter, der bei der Jagd nach einer Exklusivaufnahme beinahe sein Leben verlor. Doch auch die dunklen Seiten des Redaktionsbetriebs spart Gensing nicht aus. Die langen Arbeitsstunden, der starke Druck und die oft raue Tonalität hinter den Kulissen führten nicht selten zu persönlichen Zerwürfnissen: zerbrochene Ehen, gesundheitliche Probleme und Alkoholmissbrauch gehörten für viele zum Alltag. Gensings schonungslose Offenheit verleiht dem Buch hohe Authentizität, die sowohl Respekt als auch Nachdenklichkeit hervorruft. Neben den persönlichen Erlebnissen und redaktionellen Höhepunkten zeichnet das Buch auch ein lebhaftes Porträt von Hamburg, wie es sich in den letzten 75 Jahren entwickelt hat. Mit über 150 Fotografien – viele davon erstmals veröffentlicht – wird die Geschichte der Zeitung und ihrer Protagonisten visuell untermalt.
Eine spannende Lektüre für jedermann
Gensing gelingt es, die bewegte Vergangenheit der MOPO mit der Leidenschaft und Hingabe ihrer Mitarbeitenden zu verweben – ein inspirierender und zugleich berührender Lesegenuss. Für Hamburgerinnen und Hamburger ist dieses Buch ein unverzichtbares Stück Stadtgeschichte. Für alle anderen ein lebendiger Einblick in die Herausforderungen und Triumphe eines Berufs, der oft mehr Opfer verlangt, als die Öffentlichkeit ahnt – und trotzdem einer der spannendsten ist.